Arrival

Außerirdische und die Filmindustrie

Warum eigentlich, wird das Thema Außerirdische von der Filmindustrie immer wieder aufgegriffen? Wir rational denkende Normalbürger wissen doch ganz genau, dass es keine UFOs gibt. Das versichert uns die Schulweisheit. Danach kann der reale Besuch einer fremden Spezies auf unserem Planeten schon aus dem banalsten aller Gründe nicht klappen: der Entfernung zu anderen Sternen nämlich. Da können die einschlägigen Organisationen und deren Wissenschaft, für die wir allenfalls das Prädikat pseudo gelten lassen wollen, so viele Beobachtungen sammeln, dokumentieren und publizieren, wie sie wollen. Nichts davon kann wahr sein. Und das, was zumindest wahr zu sein scheint – wer weiß das schon genau – ist entweder rational noch nicht erklärbar, oder schlicht das Ergebnis gezielter Falschinformation.

Die alljährlich auftretenden Kornkreise beispielsweise, erschüttern unseren Glauben an unser Allwissen nicht im Geringsten. Auch dann nicht, wenn die Urheber einiger Installationen partout nicht zu ermitteln sind. Das hat nichts paranormales an sich. So genannte »echte« Kornkreise gibt es einfach nicht. Punkt. Und selbstverständlich können wir uns blind darauf verlassen, dass unsere Journalisten über Derartiges stets vorurteilsfrei berichten. Wir brauchen also weder darauf zu hoffen, als Menschheit von außerirdischen Besuchern gerettet zu werden, noch gibt es Grund, uns vor ihrer Invasion zu fürchten. Genießen wir also unbeschwert das knisternde Gruseln einschlägiger Kinobesuche.

Purer Kintopp

Die cineastischen Auseinandersetzungen mit dem Thema Aliens sind also immer purer Kintopp? Oberflächlich gesehen ganz sicher. Die schlimmsten Beispiele, die mir spontan einfallen, sind Independence Day von Roland Emmerich oder Signs von M. Night Shyamalan, dessen Werk anfänglich den Anschein erweckt, die Macher hätten vorgehabt, dem Thema etwas von Belang hinzuzufügen. Dann driften sie aber in den üblich billigen Trott banaler Zombie-Streifen ab. Offensichtlich kokettieren Drehbuchautoren gerne mit den Klischees der einschlägigen Literatur. Sie bringen Begriffe wie Area 51 ins Spiel und zeigen Flugvehikel, die oberflächlich gesehen an UFOs erinnern sollen. Aber eben nur oberflächlich. Jeder Verdacht, man hätte das Thema für bare Münze genommen, oder man wäre ihm gar auf den Grund gegangen, muss offenbar unbedingt vermieden werden. Das wäre unseriös.

Aliens aus intellektueller Sicht betrachtet

Anspruch und Hintergrund der Macher von Arrival kenne ich nicht. Aber aus meiner Sicht ist es einer der ganz wenigen Filme, die es schaffen, sich aus Perspektive derer, die sich in besagte UFO-Literatur eingelesen haben, nicht lächerlich zu machen. Warum? Weil dieser Film das Thema nicht durch den Kakao zieht. Er betrachtet es stattdessen als intellektuelles Spiel mit Denkbarkeiten. Es geht ihm nicht um Action-Effekte oder Horror, sondern darum aufzuzeigen, wie die Methodik einer Angleichung völlig inkompatibler Kommunikationsmethoden und Gedankenwelten vonstattengehen könnte.

Er geht weder auf die Aussagen der UFO-Literatur ein, noch widerspricht er ihr. Seine Darstellung fremder Raumschiffe sowie deren Insassen dienen als Platzhalter für eine fremdartige Spezies X, deren Absichten durch geistreiches und ergebnisoffenes Kommunizieren herausgefunden werden müssen.

Es ist leider sehr wahrscheinlich, dass in so einem Fall das Militär die Führung übernehmen würde, plausibel zumindest, aus dem amerikanischen Führungsanspruch heraus sowieso, aber als dramaturgische Basis der Story dennoch spannend.

Heptapoden in einer schwebenden Muschel

Die eigenartigen elefantenhäutigen Wesen werden im Film ihrer Physiognomie wegen Heptapoden genannt. Nach ihrem Raumschiff zu schließen sind sie technologisch in der Lage, ihr eigenes Gravitationsfeld zu erzeugen. Und wer weiß schon, ob sie damit womöglich in andere Dimensionen wechseln könnten, eine Grundvoraussetzung vielleicht, um galaktische Distanzen überwinden zu können.

Ihre Mission ist zunächst völlig unklar. Wer sind sie, was wollen sie? Kommen sie tatsächlich in friedlicher Absicht?

Eine Heldin ohne Ambitionen zum Kampf

Die Heldin der Story ist Dr. Louise Banks, eine instinktiv arbeitende Sprachwissenschaftlerin. Sie schafft es Stück für Stück, trotz der sehr gut nachvollziehbaren nervlichen Belastung die ihre Aufgabe in der dargestellten Situation mit sich bringt, herauszufinden, wie man mit den Heptapoden kommunizieren kann. Die fremden Eindringlinge teilen sich über logografische Zeichen mit, deren Sinn zunächst nicht nachvollzogen werden kann. Doch die Wissenschaftlerin und ihr Mitstreiter, der Physiker Ian Donnelly finden heraus, dass sie damit nicht nur Begriffe, sondern ganze Sätze und sogar philosophische Überzeugungen ausdrücken können. Die prägnanteste davon besagt: Zeit ist nicht linear. Sie wirkt in alle Richtungen gleichzeitig.

Kleingeister und ihre Ängste

Im Film führt eine voreilige Fehlinterpretation bei der Übersetzung der logografischen Zeichen dazu, dass Kleingeister unter den anwesenden Soldaten aus nackter Angst vor den mächtigen Unbekannten durchdrehen und auf eigene Faust einen Sabotageakt initiieren. Es sind die Aliens, die das wissenschaftliche Team davor bewahren, dadurch ums Leben zu kommen.

Insgesamt zwölf dieser tief über dem Boden schwebenden Raumschiffe sind um den ganzen Erdball verteilt. Natürlich wäre es klug erst mal abzuwarten, bis die Fachleute ihre Arbeit abgeschlossen haben. Aber die Nerven der führenden Hardliner mancher Nationen liegen blank. Es steht zu befürchten, dass sie einen globalen Krieg gegen die Eindringlinge riskieren werden, obwohl sie deren Fähigkeiten noch gar nicht einschätzen können. Es passiert also vieles so wie im richtigen Leben.

Showdown

Glücklicherweise verfügt die Protagonistin über ausreichend intuitive Fähigkeiten, die sie noch rechtzeitig in die Lage versetzen, ihre eigene Art zu Denken der fremden Spezies anzugleichen. Das verschafft ihr, eben weil Zeit nicht linear ist, eine hilfreiche Information aus der Zukunft. Dank dieser ist sie in der Lage, das voraussehbare Unheil gegen alle Widerstände in letzter Sekunde abzuwenden.